Unsere schöne St. Niklaskirche beherbergt neben vielen wertvollen Ausstattungsgegenständen ein musikalisches Kleinod. Bereits vor dem Bau des heutigen Instruments erlebte unser Gotteshaus eine bewegte Orgelgeschichte.
Die erste uns bekannte Orgel in der St. Niklaskirche wurde durch den Orgelbauer Henschel erbaut, welcher am 13.04.1504 mit dem Bau des Instrumentes begann. Diese Orgel wurde schon am 06.02.1505 fertig übergeben. Die Henschel-Orgel kann nur ein kleineres Instrument gewesen sein, da die Bauzeit für damalige Gegebenheiten kurz bemessen war. Dieses Instrument wurde 1730 durch eine neue Orgel von Orgelbauer Johann Tobias Dressel (Dressler oder Drechsler) aus Buchholz ersetzt. Johann Tobias Dressel lebte von 1687 bis 1758 und stammt aus einer Orgelbauerfamilie. Sein Vater, Tobias Dressel (1636-1717) aus Falkenstein, war wahrscheinlich Schüler von Gottfried Silbermann. Über Größe und Beschaffenheit dieses Orgelwerks wissen wir ebenfalls nichts. Sie diente 159 Jahre lang zum Lobe Gottes und zur Freude der Menschen. Die Dressel-Orgel wurde 1889 von unserer heutigen Orgel abgelöst. Es handelt sich um ein Werk des Bornaer Orgelbaumeisters Richard Kreutzbach.
Er lebte von 1839 bis 1903 und führte die erfolgreiche, manufakturartige Werkstatt seines Vaters Urban Kreutzbach (1796-1868) bis zu seinem Ableben. Die Kreutzbachs stammen ursprünglich aus Kopenhagen und wanderten nach dem Napoleonischen Krieg in Sachsen ein. Dort gründete Urban Kreutzbach 1830 seine Orgelbau-Anstalt.
Die Kreutzbach-Orgel in Ehrenfriedersdorf besitzt 31 Register. Diese Register sind auf zwei Manuale und Pedal verteilt. Das Instrument ist in seinem Klangcharakter ein frühromantisches Werk, was bedeutet, dass sich auf ihr Orgelmusik des 19. Jahrhunderts besonders gut darstellen lässt. In dieser Zeit hat man auch im Orgelbau viel mit Neuerungen experimentiert. Es wurde versucht, die bisher mechanisch funktionierende Spieltraktur (oft sehr schwergängig) durch eine luftgesteuerte (pneumatische) Spieltraktur zu ersetzen. Unsere Orgel stellt in dieser Hinsicht eine Einzigartigkeit dar, die es zu bewahren und zu schützen gilt: Sie ist nach heutigem Kenntnisstand die Orgel, bei der Kreutzbach dieses noch in den Kinderschuhen steckende Prinzip erstmals anwandte.
Leider hat unsere Orgel, wie viele Orgeln in unserer Gegend, einschneidende Veränderungen durchmachen müssen. Im ersten Weltkrieg mussten 1917 alle Prospektpfeifen (die Pfeifen, die ganz vorn im „Gesicht“ der Orgel stehen) zu Rüstungszwecken abgegeben werden. Diese Prospektpfeifen haben einen besonders hohen Zinngehalt und waren deshalb damals wie heute sehr wertvoll. Sie wurden später durch minderwertigere Zinkpfeifen ersetzt. Auch veränderte sich der Musikgeschmack der Leute von Zeit zu Zeit. Man wollte vermehrt barocke Orgelmusik hören und dies ließ sich auf unserer Orgel nicht so adäquat darstellen wie zum Beispiel auf einer Silbermannorgel.
Also baute man die Orgel 1939, verbunden mit einer notwendigen Generalüberholung, einfach um. Viele Klangfarben wurden als nicht mehr nötig angesehen und aus der Orgel entfernt, oder die Pfeifen wurden umgebaut, so dass sie anders klangen. Damit verletzte man das in sich stimmige Klangbild der Orgel schwer.
Einige Pfeifen wurden aufbewahrt, was uns später sehr entgegen kommen sollte, jedoch durch unsachgemäße Lagerung stark beschädigt. Sie wurden regelrecht zertreten und zerquetscht. Im Jahr 1996 wurde durch die Orgelbaufirma Eule (Bautzen) die Windanlage umgebaut, um eine bessere Windversorgung zu gewährleisten. Dies stellt sich aus heutiger Sicht aber als ein Irrtum heraus, da die Windversorgung eher instabiler als besser wurde.
Nachdem sich der Gesamtzustand der Orgel in den Folgejahren stetig verschlechterte, musste dringend gehandelt werden. Die Kirchgemeinde ließ sich bei den bevorstehenden Arbeiten von dem Gedanken der Sachverständigen leiten und ging den unbequemeren und aufwändigeren Weg, die Orgel nicht nur technisch zu erneuern, sondern auch das zerstörte Klangbild wieder herzustellen.
Mit der Restaurierung des Orgelwerkes wurde die Orgelbaufirma „Vogtländischer Orgelbau“ aus Limbach beauftragt, welche die Orgel am 24.01.2001 demontierte und teilweise in die Werkstatt verbrachte. Mehrere mechanische Teile hatten große Verschleißerscheinungen. Es musste zum Beispiel poröses Leder ausgetauscht und undicht gewordene Stellen an den Windladen ausgebessert werden.
Die Windanlage wurde wieder in ihren Zustand vor 1991 zurückgebaut. Die fehlenden bzw. umgebauten Register wurden aufwändig rekonstruiert und teilweise neu hergestellt. Auch das Orgelgehäuse und der Orgelinnenraum wurden renoviert. Finanziell wurde die Kirchgemeinde von Denkmalpflege, Stadt, Landkreis und dem Landeskirchenamt unterstützt. Aber der Großteil der Finanzierung wurde von vielen Spendern der Kirchgemeinde und dem Orgelverein gestemmt, die nicht nur gespendet, sondern geopfert haben. Ihnen sei an dieser Stelle dafür herzlichst gedankt.
Zum Kirchweihfest am 08.09.2002 wurde die Kreutzbach-Orgel in einem Festgottesdienst wieder in den Dienst genommen. Gott zur Ehre und den Menschen zur Freude erklingt sie nun wieder in originalem Klang.
Disposition der Richard Kreutzbach-Orgel (1889)
Hauptwerk (Manual I) C – f ’’’ | Hinterwerk (Manual II) C – f ’’’ |
Bordun 16‘
Principal 8‘ Gambe 8‘ Gemshorn 8‘ Hohlflöte 8‘ Rohrflöte 8‘ Octave 4‘ Gemshorn 4‘ Hohlflöte 4‘ Quinte 2 2/3‘ Octave 2‘ Sifflöte 1‘ Cornett 2 – 4 fach Mixtur 3 – 4 fach Trompete 8‘ |
Gedackt 16‘
Geigenprincipal 8‘ Salicional 8‘ Aeoline 8‘ Flauto amabile 8‘ Gedackt 8‘ Principal 4‘ Fugara 4‘ Piccolo 2‘ Harmonia aetheria 2-3 fach |
Pedal C – d’
Principalbaß 16‘ Violonbaß 16‘ Subbaß 16‘ Principalbaß 8‘ Cello 8‘ Posaune 16‘ |
Spielhilfen
Coppel Ped/ I, Manualcoppel Combinationen ff, mf, p /Walze Winddruck: 72 mm WS Tonhöhe: 435 Hz bei 15 oC Stimmung: temperiert |
Hörbeispiele unserer Orgel finden sie hier: