Kirchturm und Glocken
Der Aufgang zum Turm ist an der Südostseite der Kirche. Wir gelangen auf den Kirchenboden des Kirchenschiffes. Über dem steht der Elferturm, in dem die Bergglocke hängt: Sie ist die jüngste Glocke und wird auch „Elferglocke“ genannt. Die Glocke wurde 1569 von Wolf Hillinger in der Freiberger Glockengießerwerkstatt gegossen. Sie hat ein Gewicht von 200 kg und einen Durchmesser von 70 cm. Jahrhundertelang läutete sie im Auftrag des Bergamtes das „Schichtläuten“. Im Jahre 1888 ging der Elfenturm geschenkweise von der Bergknappschaft an die Kirche über. Im 2. Weltkrieg wurde die Glocke beschlagnahmt, 1942 abgeholt und dem Sammellager in Hamburg zugeführt. Am 24. Oktober 1950 kam die erlösende Nachricht, dass die Glocke nicht eingeschmolzen wurde und konnte somit zurückgeführt werden. In der jetzigen Zeit wird die Bergglocke von Montag bis Samstag 7.00 Uhr, 12.00 Uhr und 18.00 Uhr geläutet.
450 Jahre Bergglocke:
Die Bergglocke der St. Niklaskirche feierte 2019 ihr 450jähriges Jubiläum. Diese Glocke ist täglich vom Turm der St. Niklaskirche zu hören. Einen ausführlichen Bericht über die Geschichte der Bergglocke ist in der Septemberausgabe der Bergstadtnachrichten zu lesen. Joachim Decker, der Vorsitzende der Berggrabebrüderschaft, berichtet über die wechselvolle Vergangenheit der Glocke und zeigt die Verbindung von Bergbau und Kirche auf. Ebenso wie die „Große Glocke“ stammt die Bergglocke von der berühmten Glockengießerei Hilliger aus Freiberg. Wolff Hilliger übernahm 1544 in 5. Generation die Freiberger Gießhütte. Er gelangte durch Glocken- und Stückgüsse rasch zu besonderem Ansehen, so dass er als einer der reichsten Bürger der Stadt 1557 zum Bürgermeister von Freiberg gewählt wurde. 1567 wird er von Kurfürst August von Sachsen als Stückgießer nach Dresden berufen. Wolff Hilliger beeinflusste durch sein vielfältiges Wirken nicht nur die Glockenproduktion seiner Zeit sondern auch die Stückgießerei, wozu ihm die Tätigkeit am kurfürstlichen Hofe die Möglichkeit bot.
Neben den Glocken goss er Grabplatten, Denkmäler und Geschütze. Von den Kanonen ist nur ein Sechspfünder auf der Veste Coburg erhalten geblieben, welche zu einer Reihe von zwölf reich verzierten Stücken, den sogenannten „Flaccianern“, gehörte.
Im Bereich der sächsischen Landeskirche gibt es heute noch 25 Wolff-Hilliger-Glocken.
Weiter geht es in den Chorturm – Hier sieht man die Schießscharten und die Balkenstümpfe auf denen das Gerüst für den Bau des Turmes aufgelegt wurde.
An den mächtigen Balken des Turmes ist zu erkennen, dass dieser früher als Wehrturm genutzt wurde.
Über die Treppen kommen wir auf den Läuteboden. In der Mitte die alte Haspel, mit der schwere Güter für die Türmerfamilie hochgezogen wurden. Bis 1953 war der Turm bewohnt. Zuletzt von der Glöcknerin und Türmerin Paula Grimm geb. Siebert. Zu ihren Aufgaben gehörten die Läutedienste, Brandwache und Stundenanschlag. Einen Teil ihres geringen Lohnes bekam sie von der Stadt.
Alte Läutemaschine, Klöppel, gekröpftes Joch und Tyroler Glocke: Da der Kirchenvorstand die Befürchtung hatte, dass alle Glocken im 2. Weltkrieg abgegeben werden müssen, und somit der übliche Stundenschlag nicht ausgeführt werden kann, wurde in Apolda nach einer Schelle nachgefragt. Die Glockengießerei bot daraufhin der Kirche eine solche Tyrolerglocke an. Sie wurde am 28.05.1940 für 75 Reichsmark bestellt. Die Glocke hat einen Durchmesser von 60 cm und wiegt 70 kg.
Eine Treppe höher befindet sich die Türmerwohnung. Der Vorraum war die Küche (Blick zum Kirchgarten) und es gab zwei Schlafstuben (eine jetzt ohne Fenster – beim letzten Bau geschlossen). Die Türmerstube dient heute zum Aufenthalt der Turmlautbrüder während des Läutens.
Infolge baupolizeilicher Bemängelungen am Schornstein wurde die Wohnung aufgegeben.
Die Große Glocke
Die Große Glocke der St. Niklas-Kirche zählt zu den größten und wertvollsten Abgüssen der Glockengießerei des Wolf Hilliger in Freiberg. Anno Domini 1543 gegossen, hing sie über hunderte Jahre an einem schweren Joch aus Eiche im Chorturm. Dieser Turm hatte früher die Funktion als Wehrturm. Die Große Glocke wurde zunächst mittels einer quer zum Joch befestigten Pfoste getreten und nicht gezogen. Ihr hoher Wert wird wesentlich bestimmt durch eine reiche und hochwertige Glockenzier. So befinden sich im Bereich der Glockenschulter zwei prachtvolle Rankenfriese, wobei im oberen Fries mehrfach das Hilligersche Wappen auftaucht. Zwischen beiden Friesen liest man die Umschrift „Gelobet sei der Herr, der Gott Israels, denn er hat besuchet und erloeset sein Volck“. Daneben befindet sich ein Reliefbildnis, dass nach neusten Untersuchungen Herzog Heinrich von Sachsen, genannt der Fromme, darstellt. Im Jahre 1936 wurde der gesamte Glockenstuhl umgebaut, das Eiche-Joch herausgerissen und durch ein stählernes, gekröpftes Joch ersetzt. Die Glocke büßte an Klangvolumen und -reichweite beträchtlich ein. Doch bereits 1999 machte sich ein erneuter Umbau wegen lockerer Nieten und Risse im Stahlprofil notwendig. Der Glockenstuhl wurde in Holz und das Joch in guter Eiche ausgeführt, ihr Wohlklang ist wieder hergestellt. Die Glocke wiegt 2.460 kg, hat einen Durchmesser von 1,60 m und eine Höhe von 1,40 m.
Die Anschaffung der Großen Glocke wird als Gründungsjahr der Turmlautbrüderschaft, wahrscheinlich heute die einzige in Deutschland, angesehen. Das einstündige Festgeläut zu hohen Kirchenfeiertagen konnte nicht allein vom Glöckner ausgeführt werden. Bis heute werden in Ehrenfriedersdorf noch alle Glocken mit der Hand geläutet und die Turmlautbrüder versehen treu und mit großer Hingabe ihren Dienst. Traditionell feiern sie ihren Jahreskonvent am 1. Samstag des neuen Jahres.
Vortrag von Pfarrer Klemm zum Konvent im Januar 2020:
20200104 Convent Turmlautbrüder_Ein GOTT-viele Religionen
Taufglocke
Eine Etage höher in der Turmspitze ist ebenfalls noch eine Glockenstube – hier befindet sich die Taufglocke: Sie ist die älteste Glocke und wurde um 1430 gegossen. Als Inschrift zeigt sie viermal „ave“ und die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind oder einen Apostel. Sie wiegt 190 kg und hat einen Durchmesser von 67 cm. Die Glocke hat alle Kriege schadlos überstanden. Geläutet wird sie zu Taufen.
Daneben befand sich noch eine Glocke die sogenannte „Meßglocke“. Sie wurde während des Abendmahls geläutet. Die Glocke wurde 1676 gegossen und zersprang 1886. Die daraufhin angeschaffte Glocke musste im 1. Weltkrieg abgeliefert werden.